Pflanzenschutz und Klimawandel
Ein Jahresrückblick 2023
Wie bereits die Vorjahre hat auch das Jahr 2022 einige Wetterextreme geboten, die Gärtner und Landwirte vor neue Herausforderungen stellten.
Die Wetterdatenerfassung zeigt bereits seit einigen Jahren den Klimawandel an. Vegetationszeiten verlängern sich, für die meisten Kulturen beginnt das Frühjahr deutlich zeitiger. Die Nachtfrostgefahr war im Jahr 2022 für viele Kulturen gebannt, große Probleme dagegen bereiteten die ausgeprägten Niederschlagsdefizite und eine anhaltende Austrocknung auch tieferer Bodenschichten. Hitzeereignisse wie in diesem Jahr bereits Mitte Juni mit Höchstwerten bis knapp 40 °C, nachfolgend aber auch im Juli verursachten besondere Stresssituationen. Neben den fortschreitenden Problemen mit der kontinuierlichen Wasserversorgung und gesteigerter Verdunstung führte gerade die direkte Sonneneinstrahlung zu Schäden an Pflanzengeweben: regelrecht verkochte Erdbeerfrüchte, an Äpfeln erneut Sonnenbrand an den Früchten, Birnen, Zierpflanzen und Ziergehölze mit hitzebedingten Blattnekrosen. Am Boden wurden nicht selten Temperaturen über 50 °C gemessen. Lokale Starkniederschlagereignisse wiederum sorgten für Hagel, mangelnde Befahrbarkeit von Flächen, Verschlämmung und Abschwemmen von Ackerflächen.
Infolge dieser Klimaextreme ist für das Jahr 2022 wiederum einzuschätzen, dass zumeist die feuchtigkeitsliebenden pilzlichen Erreger eher das Nachsehen hatten, wohl aber konnten sich häufig Echte Mehltaupilze und Alternaria gut entwickeln. Trotzdem blieben die vorbeugenden Maßnahmen z.B. gegen Apfelschorf oder Falschen Mehltau der Gurke unumgänglich, da die Treffergenauigkeit der Wettervorhersagen oft lokal begrenzt war.
Optimale Bedingungen hatten dagegen viele tierische Schädlinge. Ungehindertes Absetzen von Jungtieren bei Blattläusen, eine zügige Generationsfolge von Spinnmilben oder beständig günstige Bedingungen für Zikaden erforderten in verschiedenen Kulturen zwingend Regulierungsmaßnahmen. Bei relevanten Schädlingen wie dem Pflaumenwickler konnte die Entwicklung einer 3. Generation bis zur Abwanderung diapausierender Larven nachgewiesen werden. Maikäferengerlinge wurden erneut in ihrer Entwicklung begünstigt, so dass nach dem Hauptflugjahr 2021 wiederum eine verkürzte Larvalentwicklung und damit das nächste Flugjahr 2024 zu erwarten ist. Zudem gelingt es bislang in südlicheren Regionen, z.B. im Mittelmeergebiet, heimischen Arten hier dauerhafte Populationen zu etablieren. Die überdurchschnittlich hohen Temperaturen sorgten häufig für enge Zeitfenster für durchzuführende Behandlungen, auch geringe Luftfeuchten waren nicht immer optimal für die Anwendung von Pflanzenschutzmittel. Auch bei den biologisch wirksamen Produkten wie z.B. Granulose-Viren gegen den Apfelwickler boten die strahlungsintensiven und heißen Tage oft nur Bedingungen kurzer Wirkungsdauer und erforderten enge Behandlungsabstände bei auftretendem Befallsdruck. Selbst die Wirksamkeit von tierischen Gegenspielern ist ab bestimmten Temperaturspannen, z.B. durch reduzierte Parasitierungsleistung, eingeschränkt. Hohe Temperaturen können zudem Wirksamkeitsverluste bei Pheromonen verursachen, was sowohl bei der Überwachung mittels Pheromonfallen als auch ggf. bei der Nutzung der Pheromonverwirrung zu berücksichtigen ist.
Um auch zukünftig zielführend Pflanzenschutzmaßnahmen im Bedarfsfall durchführen zu können, die die Qualität pflanzlicher Erzeugnisse sicherstellen, sind fortlaufend angepasste Strategien notwendig. Situationsbezogen möchte der Pflanzenschutzdienst den Anbauern fachspartenspezifisch die neuesten Erkenntnisse in seinen Winterschulungsveranstaltungen übermitteln. Vorerst sind diese Veranstaltungen zu den nachfolgenden Terminen als Präsenzveranstaltung geplant. Allerdings können sich infolge unvorhergesehener Entwicklung beim Corona-Geschehen noch kurzfristige Änderungen ergeben, so dass ggf. komplett auf online-Angebote umgeschwenkt werden muss. Bereits heute schon steht eine online-Veranstaltung als Informationsmöglichkeit zu aktuellen Themen des Pflanzenschutzes fest. Hier wird nicht fachspartenspezifisch, sondern über die gesamte Bandbreite des Gartenbaus eine Themenauswahl angeboten.
Für die Anmeldung und die Programmübersicht kann ab Anfang Januar die Anmeldeplattform des LELF im Internet unter https://lelf-sk.brandenburg.de/ genutzt werden. Eine Anmeldung zu den Veranstaltungen ist zwingend erforderlich.
Ulrike Holz, LELF-Pflanzenschutzdienst